Die Abfahrtskontrolle – die Kontrolle für mehr Sicherheit auf der Straße

Dienstagmorgen, 06:00 Uhr. Die ersten Lkw rollen bereits zügig vom Hof. Der Zeitdruck für Berufskraftfahrerinnen und -fahrer beginnt mit der ersten Minute des Arbeitstags. Mit Just-in-Time-Anlieferung, steigendem Konkurrenzdruck auf der Straße und der Parksituation auf den Rastplätzen ist die Versuchung groß, die Abfahrtskontrolle zu verkürzen oder zumindest etwas Zeit gutzumachen. Ein oberflächlicher Check muss reichen. Hastig den letzten Haken auf der Checkliste gesetzt, dann geht es los. Die Uhr tickt.

Dabei soll die Abfahrtskontrolle die Fahrerinnen und Fahrer nicht aufhalten, sondern in ihrem Sinne für mehr Sicherheit auf den Straßen sorgen und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit der Nutzfahrzeuge gewährleisten. Denn ein Schaden, der im Rahmen der täglichen Nutzfahrzeugkontrolle frühzeitig erkannt wird, kann schnell in der Werkstatt behoben werden. Sie ist daher für alle Berufskraftfahrerinnen und -fahrer verpflichtend. Je nach Antriebsart und weiteren Ausstattungsmerkmalen sowie der Art der Ladung umfasst die Kontrolle unterschiedliche Aspekte. Ungefähr 15 Minuten dauert eine ordnungsgemäße Durchführung im Schnitt – und die Viertelstunde zählt als Arbeitszeit: Der Tachograph läuft nämlich mit.

Wie ist die Abfahrtskontrolle rechtlich geregelt?

Im folgenden Absatz müssen wir kurz zu Paragraphenreitern werden. Das ist notwendig, denn dieser Text soll nicht nur erste Erklärungen liefern, sondern Ihnen die Möglichkeit geben, anschließend selbst noch genauer in die Gesetze und Verordnungen zu schauen. Denn rechtliche Regelungen sollte man unbedingt selbst verstanden haben, was genau verlangt wird. Wir galoppieren durch diesen staubtrockenen Teil, versprochen!

Die rechtlichen Grundlagen in Deutschland ergeben sich aus mehreren Gesetzen, die einen einheitlichen, klaren Rahmen für die Abfahrtskontrollen festlegen. So gibt es übergreifende Regelungen für alle Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer und Vorschriften, die sich aus dem Angestelltenverhältnis oder dem Arbeitsmittel Nutzfahrzeug ergeben.

Bereits §23 StVO legt eine Verpflichtung zur Abfahrtskontrolle fest, die für alle Verkehrsteilnehmenden gilt. Dieser Paragraph besagt, dass jede Fahrzeugführerin und jeder Fahrzeugführer dafür verantwortlich ist, dass Fahrzeug bzw. Zug, Gespann und Ladung vorschriftsmäßig sind und die Verkehrssicherheit nicht beinträchtigen. Beim Auftreten von Mängeln ist die Fahrerin oder der Fahrer zudem verpflichtet, das betreffende Fahrzeug schnellstmöglich aus dem Verkehr zu entfernen.

Die Bereitstellung von Arbeitsmitteln, die in der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) geregelt ist, verpflichtet den Arbeitgeber dazu, dafür Sorge zu tragen, dass Arbeitsmittel wie vor Verwendung geprüft und im Fall von Mängeln bis zur Reparatur nicht mehr eingesetzt werden. Und im Sinne der Verordnung ist ein Lkw ist genau das: ein Arbeitsmittel.

Zudem übersetzt die Berufsgenossenschaft Verkehr (BG Verkehr) die Unfallverhütungsvorschrift der gesetzlichen Unfallversicherung in der Vorschrift 70 und 71 für Fahrzeuge in klare Richtlinien für Berufskraftfahrerinnen und -fahrer. Hier findet sich die Verpflichtung des Fahrpersonals zur Abfahrtskontrolle vor Fahrtbeginn und zur Meldung von Mängeln sowie die Verpflichtung des Fahrzeughalters zur Durchsetzung dieser Kontrollen. Im Grundsatz 314-002 liefert die BG Verkehr zudem konkrete Informationen zur Umsetzung.

Eine Nichtbeachtung kann übrigens schnell teuer werden: Stellt ein Arbeitgeber einen Lkw zur Verfügung oder verwendet diesen, obwohl Mängel einen sicheren Einsatz beeinträchtigen, wird für diese Ordnungswidrigkeit ein Bußgeld in Höhe von 3.000 Euro fällig. Je nach Auswirkung einer nicht ordnungsgemäßen Abfahrtskontrolle können die Konsequenzen für die Fahrerin oder den Fahrer stark variieren. So kann es zu einer Verwarnung, in drastischen Fällen aber sogar zur Einstufung als Straftat kommen.

Welche sicherheitsrelevanten Mängel sollen mit der Abfahrtskontrolle aufgedeckt werden?

Da die Abfahrtskontrolle umfassend für mehr Sicherheit sorgen soll, werden sämtliche dahingehend relevante Bereiche eines Fahrzeugs kontrolliert – in Deutschland können das über 100 verschiedene Einzelaspekte sein. Neben Bremsen, Motor und Antrieb geht es dabei vor allem um Betriebsflüssigkeiten, Fahrerassistenzsysteme (FAS), Beleuchtung, Bereifung und Federung. Auch die Lenkanlage, das Führerhaus, Zubehör und die Ladungssicherung werden überprüft. Das Fahrpersonal kontrolliert zudem Aufbauten sowie (Sattel-)Anhänger und deren Kupplung.

Manche Aspekte sind naheliegend – wie die richtige Einstellung der Spiegel. Die Abfahrtskontrolle erinnert aber auch an Aspekte, die unter Zeitdruck leicht vergessen werden, aber erhebliche Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben können. So müssen Fahrerinnen und Fahrer in Deutschland beispielsweise auch prüfen, ob…

  • Fremdkörper zwischen den Zwillingsreifen eingeklemmt sind,
  • die Fahrzeugunterseite frei von Pflanzenteilen, Ästen oder anderen Fremdkörpern ist und
  • zugängliche Keilriemen keinerlei erkennbare Schäden und Abnutzungen aufweisen.

Regelungen in Europa: Ein Blick über die Grenze

Viele Berufskraftfahrerinnen und -fahrer sind nicht nur hierzulande unterwegs. Gibt es also länderübergreifende Vorgaben der Europäischen Union zur ordnungsgemäßen Durchführung einer Abfahrtskontrolle?

Schön wär´s! Nein, eine einheitliche europäische Regelung für die Abfahrtskontrolle gibt es nicht, nur die zusätzlichen Ausrüstungen für Gefahrguttransporte wird länderübergreifend geregelt. Viele europäische Länder haben ihre eigenen Verordnungen erlassen, die sich jedoch oft nur geringfügig von den deutschen Vorgaben unterscheiden. Darüber hinaus gelten die Richtlinien auch meist sowohl für Lkw als auch für Omnibusse.

In Österreich sind die Regelungen beispielsweise nahezu identisch zu denen in Deutschland. Das gilt sowohl für die Vorgaben durch den Gesetzgeber als auch für die Richtlinien für Berufskraftfahrerinnen und -fahrer Zudem durch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), dem dortigen Pendant der deutschen BG Verkehr.

In Tschechien kann im Gegensatz zu Deutschland zwar auf ein Reserverad verzichtet werden, allerdings wird dann ein Klebeset oder ein aktueller Vertrag mit einem Pannendienst benötigt, um alle Vorgaben zu erfüllen.

Blickt man nach Italien, lassen sich hingegen besonders in der Durchführung der Abfahrtskontrolle unterschiedliche Gewichtungen ausmachen. Manche Fahrerinnen und Fahrer beurteilen den Reifendruck nach einem Fußtritt, andere verwenden einen Hammer. Dagegen wird im italienischen Fahrerhaus besonderer Wert auf die Minimierung toter Winkel gelegt.

Die Franzosen nehmen es mit der Intensität der Abfahrtskontrolle etwas genauer: So wird hier eine Dauer von bis 30 Minuten für die morgendliche Fahrzeugprüfung veranschlagt.

In Großbritannien ist Bus nicht gleich Lkw

In England, Schottland und Wales findet eine klare Unterscheidung zwischen Lkw und Omnibussen statt. Bei Fahrzeugen, die zur Personenbeförderung eingesetzt werden, ist der Innenraum intensiv zu prüfen. Hier wird beispielsweise die Sprechanlage zur Kommunikation mit dem Fahrer auf ihre Funktionsfähigkeit getestet. Außerdem müssen Nothämmer und Ausstiege der Omnibusse kontrolliert werden.

Wird ein Nutzfahrzeug im Bereich der Logistik eingesetzt, müssen elektrische Verbindungen zwischen Führerhaus und Aufbau auf Mängel geprüft werden. Auch der Not-Aus-Schalter für Hochspannung ist Teil der dortigen Abfahrtskontrolle.

Compliance kostet Zeit – kann aber viel Geld sparen

Neben den gesetzlichen Zwang gibt es aber noch einen zweiten Grund, warum sich die Compliance mit den Regelungen zur Abfahrtskontrolle lohnt: die Kosten. Denn Mängel, die bei beim morgendlichen Fahrzeugcheck entdeckt werden, sollten so schnell wie möglich in der Werkstatt behoben werden – besonders wenn dieser die Sicherheit beeinträchtigen könnte. Dann bleibt das Fahrzeug im schlimmsten Fall ungeplant stehen – bis er in der Werkstatt behoben werden kann. Das bedeutet: Ladung umladen, Fahrzeuge und Fahrpersonal umdisponieren, Zeitverlust und Verspätung, erhöhte Kosten.

Wer dagegen immer einen detaillierten Überblick über den Zustand der Flotte hat, kann die Prozesse in der Werkstatt optimieren und Werkstattbesuche sowie Vor-Ort-Einsätze von Mechanikern je nach Schwere des Defekts zu priorisieren.

Digitale Lösungen für eine komfortable Abfahrtskontrolle bei maximaler Sicherheit

Es ist also auf mehreren Ebenen sinnvoll, dass die Abfahrtskontrolle morgens sorgfältig, transparent und verlässlich durchgeführt wird. Das benötigt vor allem Zeit – eine Ressource, die bei Berufskraftfahrerinnen und -fahrern allzu oft knapp bemessen ist. Digitale Lösungen können dabei helfen, dass diese wichtige, sicherheitsrelevante Kontrolle weniger häufig dem Zeitdruck zum Opfer fällt. Die Continental Verified Inspection verbannt Klemmbrett und Stift aus dem Führerhaus und vereint ordnungsgemäße und individuelle Kontrollen mit dem Wunsch nach einer effizienten Lösung. Der schnelle Scan von NFC-Tags mit dem Smartphone spart Zeit, sorgt für optimale Wartungsprozesse und verschafft ein wenig Luft im stressigen Fahreralltag.